Mein Credo als Fremdsprachenlehrerin
Ich bin als Ungarin aus Rumänien zweisprachig aufgewachsen, zog mit 23 nach Stuttgart und wählte später einen französischen Partner. Mehrsprachige Kommunikation und Erziehung ist Alltag und Normalität in meiner Familie und in vielen Familien, deren Mitglieder ich eine Weile bei ihrem Ungarischerwerb begleiten darf. Von dieser Realität/Begebenheit gehe ich bei meinem Unterricht aus.
Kommunikationsfähigkeit ist das oberste Ziel, ich verfolge es ab der ersten Minute des Unterrichts. Aussprache, Wortschatz, Grammatik dienen der Verständigung. Mal bekommt der eine, mal der andere Aspekt mehr Gewicht. Stets bewegen wir uns zwischen Sprachen und Kulturen und machen uns ihrer Funktionsmechanismen bewusst. Das ist ein Versteck- und Entdeckungsspiel, was mich noch heute, nach 15 Jahren Sprachunterricht als Mitspieler begeistert.
Auf allen Wegen lernen, sich mit allen Mitteln verständigen
Ich ermutige meine Lernenden, ihr Ungarisch so oft wie möglich anzuwenden, jede Gelegenheit zu sprechen auszunutzen und stets zu versuchen die Grenzen ihres Sprachwissens auszudehnen. Übersetzungswerkstatt und Theaterspiel auf A2 ist genauso möglich wie Briefe zu verstehen und SMS zu schreiben im Anfangsunterricht. Sich in die ungarische Geschichte anhand eines Spielfilms oder einer Rockoper einzutauchen macht einfach Spaß in fortgeschritteneren Gruppen. Ich knüpfe immer an dem Interesse der jeweiligen Gruppe an und wir setzen uns gemeinsam bewusst hohe Ziele, die ihr systematisch anhand des Lehrwerks aufgebautes Sprachwissen manchmal sprengen. Dieser Mut, diese Abenteuerbereitschaft brauchen wir aber als Motor fürs Weiterlernen. Ungarisch ist ja keine sehr schnell erlernbare Sprache und man muss für sich selbst sorgen, durchzuhalten.
Lernmittel
Jede Art von Wissen eignen wir uns spiralisch an, indem das bereits Gelernte immer wieder aufgegriffen, aufgefrischt und in neuen Kontexten erlebt wird. Auf diesem spiralförmigen Weg begleite ich meine Ungarischschüler mit meinem sich kontinuierlich erweiternden Methodenschatz, tollen Lehrwerken von Autoren, deren linguistische, sprachpädagogische und lernpsychologische Einstellungen ich teile, Spielen, Filmen, Werbesprüchen, Liedern, Gedichten und Geschichten verschiedener Gattungen und Sprachregister. Es gibt nichts Gesprochenes, das nicht zum Sprachenlernen dienen kann.
Das Lehren ist für mich ein genauso spannendes Abenteuer wie das Lernen für meine Schüler, und dabei strengen wir uns bereitwillig gemeinsam an.
Meine Sprachkenntnisse
Ich spreche Ungarisch als Muttersprache, Rumänisch als Staatssprache, Deutsch als gewählte Muttersprache, Französisch als Familiensprache. Englisch belibt bei den unter sich konkurrierenden Alltagssprachen die etwas schwächere Fremdsprache. Wenn ich einmal mehr Zeit habe, möchte ich mein Russisch (einst B1-Niveau) auffrischen und mein intuitives Verständnis romanischer Sprachen auf sicherer Basis verankern.
Ich betreibe mit meinen Kindern und mit mir selbst täglich Sprachpolitik und dazu ermutige ich auch meine Lernenden:
Was sprechen wir am Tisch beim Abendessen? Und wenn Nagyi dabei ist? In welcher Sprache erklingt heute die Gutenachtgeschichte? In welcher Sprachfassung schauen wir zusammen den jeweiligen Film an? Welches Buch kaufe ich in welcher Sprache? Spielen wir heute Dixit auf Deutsch, Ungarisch oder Französisch? In welcher Sprache gestalten wir die Schatzsuche oder den Stadtspaziergang? Und so weiter.
In meiner Sprachbiografie durfte ich verschiedene Zugänge zu Fremdsprachen erleben und unterschiedliche Wege ausprobieren, eine fremde Sprache zu erlernen. Alle sind nicht perfekt geworden. Das ist aber mein Weg und ich bin ja noch unterwegs.
Neben dem methodischen Wissen und meinen sprachwissenschaftlichen Kenntnissen befreien mich diese Erfahrungen von allerlei fachlichem Dogmatismus. Lernen heißt ausprobieren und es gibt ungeahnt viele neue Situationen, die neue Lernmöglichkeiten in sich bergen.
Ich verstehe mich gerne als Lernende und habe mich vor kurzem in das Erlernen einer komplett neuen Sprache begeben: dem Klavier. Ich brauche es immer wieder neu zu erleben, was es bedeutet Anfänger zu sein, sich mit wenig Wissen mutig voranzutasten, sich kleiner Erfolge zu erfreuen, mal misszuverstehen und missverstanden zu werden, zu scheitern und sich danach wieder zu erheben und weiterzugehen, weiterzusprechen. So kann ich vor meinen Sprachanfängern authentisch bleiben.